Team Bittel
 

Anton-Leidiger-Gedächnisweg  

Autor:  ThomasSchlicker   E-Mail: Schlicker.Personaltraining@nefkom.net
Letzte Änderung: 16.11.2002 23:35:31

Lauf- und Wanderbericht meines ersten Laufes über ca. 80 km am 10.11.2002.

Wie alles begann:


Bei einem Berglauftraining am Nürnberger Tiergarten fällt mir ein Hinweisschild über den

Anton-Leidiger-Gedächtnisweg auf. Wegstrecke ca. 76 km. Schon hatte sich der Floh in meinem Ohr festgesetzt und er flüstert: lauf ihn an einem Tag, lauf ihn, lauf ihn.

Vorbereitung


Der ganze Herbst ist verregnet, unsere ganztägigen Herbstwanderungen sind ausgefallen, und dann ein Wochenende an dem meine Freundin durcharbeitet. Ihre Frage „gehst Du Kampfwandern?“ beantworte ich mit einem knappen „Ja“.

Der Wetterbericht sagt passables aber nicht beständiges Herbst- bis Winterwetter voraus. Die Wanderkarten sind wegen dem Gewicht schon kopiert, die Strecke markiert und mehrmals studiert. Die Fragen, in welchen Orten ein Gasthaus Hunger und Durst stillen kann, Wegbeschaffenheit und Wegmarkierungen bleiben ungeklärt. Der Weg ist das Ziel – einsam und allein.

Die Kampfwanderung


Um 5.00 Uhr klingelt der Wecker, es ist stockdunkel und während ich zum Bahnhof jogge friere ich. Im Zug nach Amberg sitzen einige Amerikaner die sich die Nacht um die Ohren geschlagen haben. Ich schließe die Augen und konzentriere mich. 6.40 Uhr in der Oberpfalz ist es immer noch stockdunkel und richtig kalt. Ich beschließe auf der Ortsverbindungsstraße zu laufen bis ich den markierten Wanderweg kreuze. Mehrmals muss ich meine Karte befragen, damit ich den richtigen Weg finde. Eine Temperaturanzeige informiert +2° C.

Die Straße ist gefunden und ich laufe mich langsam warm, das ist auch dringend nötig. Ein paar Kilometer außerhalb ist der Tau gefroren aber im Osten wird es langsam hell. Am Himmel ein paar Wolken und Sterne. Ich hoffe auf einen trockenen Tag.

Obwohl im Tal die Straße läuft, führt mein markierter Weg bergauf und bergab. Bisher hatte ich noch kaum ein ebenes Wegstück (und so sollte es bleiben). Teilweise ist der Wanderweg vom vielen Regen mit meterlangen Pfützen bedeckt und ich muss in den Wald ausweichen, die Blätter sind glitschig und verhindern ein schnelles Laufen. Inzwischen scheint die Sonne und auf Lichtungen wärmt sie ein wenig. Noch habe ich trockene Schuhe und wechsle zwischen joggen und wandern je nach Untergrund und ich vermeide es zu schwitzen.


So geht es Kilometer für Kilometer – ein sehr schöner Wanderweg! Häufig führt er durch bewaldete Hochebene und er ist gut markiert. Ein Stück Straße bietet sich an zu joggen, 7 km laufe ich im lockeren Trab. Es ist richtig angenehm für die Füße, festen, griffigen, gleichmäßigen Untergrund, bei dem ich nicht ständig auf den Boden sehen muss.

Nur selten führt der Weg durch Orte, deren Namen ich noch nie gehört habe, und gegen 11.00 Uhr kehre ich ein. Bestelle Tee und einen Teller Suppe, fülle meine Wasserflaschen und weiter geht es. Bergauf und bergab. Ich frage mich wer Anton-Leidiger war, dem man auf einem so hügeligen Weg gedenkt. Inzwischen ist bestes Wanderwetter, Sonne, Wolken, kühl und trocken. Bisher (30 km) sind mir noch keine 10 Menschen auf dem Weg begegnet, ich genieße die Einsamkeit.

Die Beine tragen mich locker, fühlen sich leicht an, die Arme schwingen locker mit und viele Gedanken kommen, verschiedenste Gefühle und Erinnerungen begleiten mich. Ich lasse sie kommen und gehen. Laufen in dieser Geschwindigkeit ist wie eine Meditation. Es geht mir gut.


Das Ende einer Hochebene und dort am Horizont sehe ich den Moritzberg (Luftlinie 10 km). Von dort sind es nur noch 20 km. Das beflügelt meinen Schritt, es geht bergab, ich lasse die Beine laufen, lange Schritte und das Herz hüpft in meiner Brust. Jetzt gönne ich mir noch einen Tee, eine Suppe und zwei Kloß mit Soße. Mit vollem Magen und steil bergauf. In der Ruhe liegt die Kraft und schon bin ich oben. Das landschaftlich schönste Stück liegt vor mir.


Bei herrlicher Weitsicht sehe ich im Westen den Businesstower und die Nürnberger Burg. Das sind nur noch 30 km. Immer wieder die Markierungen suchen, ab und zu übersehe ich eine und muss zurück laufen. Jetzt reift mein Entschluss, nach Hause zu gehen und keinen S-Bahn etc. zu nehmen. Die Beine werden leichter, noch ein steiles Stück bergab. Mit einem Puls von 103 gehe und rutsche ich sehr vorsichtig auf glitschigem Laub und Lehm. Aber nach ein paar hundert Metern geht es schon wieder bergauf, ca. 150 Höhenmeter und 2 km später stehe ich am Moritzberg, ca. 60 km habe ich zurückgelegt. Ein bisschen Stolz erfüllt mich. Doch kein Verweilen, fast beflügelt renne ich auf rutschigem Waldboden die 150 Höhenmeter hinab, das ist Leichtsinn - muss mich bremsen.



Nur noch 15 km, ich entscheide mich für die etwas kürzere und ebenere Strecke. Hier ist meine Läuferheimat, ich kenne sowieso jeden Weg und jeden Stein. Doch das ist mein Verhängnis, jetzt gibt es keine neuen Eindrücke, den Blick auf die Karte kann ich mir sowieso sparen, es wird langsam wieder dunkel und auf den befestigten Wegen brennen meine Fußsohlen. Die Kilometer ziehen sich wie Kaugummi und alle meine mentalen Kräfte sind nötig um im Wechsel zu joggen und zu gehen. Auch der Sonnenuntergang kann mich nicht wirklich motivieren. Grosse, lange Schritte lockern meine Muskeln, so gut es eben geht. Es wird wieder kalt und wieder Nacht.

Ziel und die Tage danach


Der letzte Anstieg vom Pegnitztal zu meiner Wohnung, die Tür aufsperren und jetzt noch in den 4 Stock. Endlich geschafft!!! 10 Stunden 37 Minuten Laufzeit und ca. 80 km liegen hinter mir. Ein Tag an dem inneren Frieden gefunden habe und meine längste Strecke gelaufen bin.

Sitzen, trinken, Obst essen – das tut gut.

Das Dampfbad anheizen, ein paar Dehnungs- Mobilisations- und Lockerungsübungen. Die Wärme des Dampfbades tut gut, doch nach wenigen Minuten dusche ich weil mein Kreislauf die Hitze nicht verträgt.

Der erwartete große Muskelkater blieb überraschenderweise aus aber der ganze Körper ist schwer, das Aufstehen am Montag fällt schwer, die Arme und Beine sind wie Blei. Ein bisschen Dehnen am Morgen? Au, das tut weh!! Also nicht so viel dehnen sondern mit warmlaufen beginnen, das geht besser. Ich finde keine Blasen an meinen Füssen und die Fußsohlen sind nicht mehr so empfindlich.



Ein Dank an alle die diesen schönen Weitwanderweg markiert haben!



Heute, drei Tage danach ist der Muskelkater schon wieder vergessen und schon bin ich beim Kartenstudium für meine nächste einsame „Kampfwanderung“. Der nächste Floh sitzt schon in meinem Ohr...... Dann geht es wieder ans Karten kopieren, Wetterbericht verfolgen usw.
 
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