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Team Bittel  

Panorama unterhalb der Keschhütte in über 2500 m Höhe etwa bei Kilometer 52 mit Blick auf den Piz Kesch (3418 m) und vorgelagerten Gletscher

Bericht von Erwin Bittel und Thomas Schmidtkonz zum Swiss Alpine Marathon 2002

78,5 km +- 2320 Höhenmeter

Literaturtipps zum Thema Laufen

  

Der Swiss Alpine Marathon ist mit seinen über 2300 Höhenmeter, die auf 78,5 km aufwärts und auch wieder abwärts zu überwinden sind, einer der härtesten Alpenläufe. 
Wer das aber übersteht und dabei die Augen offen hält, wird durch das Panorama einer einzigartige Alpenlandschaft entschädigt. 
Dazu zählen tiefe Schluchten, schwindelerregende Brücken und Abgründe, Eisriesen, Gletscherfelder, Läufer und Zuschauer aus allen Herren Länder und eine urige Bevölkerung, die diese rauen Gegenden besiedelt.

Auch die organisatorische Leistung der Veranstalter, die eine fast 80 km lange Strecke (mit den verschiedenen Routen wohl an die 100 km) organisieren müssen, ist einzigartig. 
Zu diesen Leistungen gehören auch der An- und Abtransport von riesigen Materialmengen für die Verpflegung der Läufer per Hubschrauber in unzugängliche Hochgebirgsregionen oder die Sicherung und Wiederinstandsetzung des  langen Panoramatrails in 2500 m Höhe.

Aber nun zu Erwins und Thomas Erlebnissen und Abenteuern auf dem Swiss Alpine Marathon K 78...

Thomas und Erwin kurz vor dem Start...

Inhaltsverzeichnis vom Bericht von Erwin und Thomas

Einleitung Kurz vor dem Start und das erste flache Stück
30,8 km nach Filisur Berge und Berge - Eine Odysee zur Keschhütte bis Kilometer 53
Noch über 25 Kilometer bis zum Ziel die nicht enden wollen Im Ziel
Infos  

Einleitung

Erwin:

Anreise

Wir fahren gemütlich fünf Stunden von Nürnberg über Lindau und Liechtenstein. Floricel und Yilian betrachten den Landschaftswechsel und sehen gespannt ihrer ersten Auslandsreise und besonders den Bergen und dem Schnee entgegen. Sie kennen keinen Schnee.

In Davos treffen wir wie ausgemacht Thomas Schmidtkonz so um 18.30 h im Kongresszentrum bei der Nachmeldung. 
Bis 20.00 h kann man sich nachmelden. Vor 2 Jahren hatte ich hier durch ein Versehen der Rennleitung zweimal bezahlt (hatte auch zwei Startnummern... siehe Bericht www.team-bittel.de/team/e_swissalpine2000.htm  ). So wage ich frech zu fragen, ob man mir dieses Mal einen Rabatt geben könnte? - Danke der netten Rennleitung! Ich durfte gratis starten. € 90,00, die ich aber auch ohne Murren bezahlt hätte wenn es anders ausgegangen wäre. Ha, das fängt ja gut an, denke ich mir, und wie vier freuen uns. 
Es ist schön nicht ganz alleine zu sein am Vorabend. 


Wir gehen ins riesige Eisstadion ein paar Meter weiter und plaudern während wir versuchen den Nudeln mit Tomatensoße der Pasta-Party irgendetwas abzugewinnen. Ich hatte mich spontan vorgestern entschieden diese „Mörderdistanz“ von 78 km zu wagen. Thomas ist guter Dinge, strahlt. Ich mache mir nicht groß Gedanken, außer über das tückische Wetter hier, das in Minuten umschlagen kann. Bestes Laufwetter und volle Sonne ist vorhergesagt, doch abends am Zeltplatz nieselt es kalt. 
Wir bauen unser Zelt auf, (eigentlich gehört es Thomas), duschen und suchen uns etwas zu Essen im Warmen. Thomas geht in sein Hotel. 

Die Nudelparty am Abend davor

Wie die vielen anderen Läufer des Zeltplatzes gehen wir bald ins Bett, in die warmen Schlafsäcke. Beruhigend plätschert der Gebirgsbach zwei Meter direkt neben unserem Zelt. Davos ist ein herrlicher Platz. Es gibt hier sehr viel Energie. Wir sind auf etwa 1.600 m Meereshöhe. Frische Luft, grüne Hänge, enge Täler, hohe Berge, schneebedeckte Gipfel, dichte Wälder, weite Wiesen, ein kleiner See. Und angenehme Zeitgenossen die morgen mitlaufen.

 

Thomas:

Letztes Jahr machten meine Frau und ich Urlaub in der Schweiz. 
Von der Schweizer Bergwelt begeistert, entschlossen wir uns dort ganz spontan zusammen den Swiss Alpine "Schnupperlauf" K30 zu laufen. 
Dieses Jahr zog es uns wieder in Schweiz. Gerade vom Urlaub zurückgekommen, kam ich ganz spontan auf die "Schnapsidee" mich auch mal an den K78 heranzuwagen, obwohl ich noch nie einen Ultralauf über der Marathondistanz gemacht hatte.
So buchte ich gleich einen Tag nach unserem Urlaub noch ein Hotelzimmer in Davos und meldete mich für den K78 an, so dass es kein "Zurück" mehr geben konnte.
Erwin kam kurz danach per Zufall drauf, dass ich mich gemeldet hatte und so beschlossen wir uns in Davos zu treffen.

Bereits 5 Tage später fahr ich freitags wieder in die schöne Schweiz. Zwischen Landquart und Davos freue ich mich über die Steigungen an der Fahrstrecke, wo ich 6 Jahre zuvor in die Schweiz geradelt war und ich dann über den Flüela Paß weiterfuhr. 
Na ja wenn Du solche Steigungen damals mit dem Fahrrad geschafft hast, wirst Du das bisschen Laufen auch schaffen, denke ich mir.
;-) Positives Denken soll was bringen sagen so viele Experten. Dass mein Unterbewusstsein anderer Meinung zu sein scheint, beweist wohl, wie schlecht ich letzte Nacht vor Aufregung geschlafen habe.

Im Hotel angekommen relaxe ich etwas und rufe dann Erwin, der gerade in Landquart ist, per Handy an und machen einen Treffpunkt bei der Startausgabe aus.

Kurz nachdem ich mir dort meine Unterlage geholt habe, kommen mir schon Floricel und Yilian erfreut entgegen gerannt um mich zu begrüßen.
Erwin diskutiert gerade wegen seiner doppelten Anmeldung vom Vorjahr, wo er mit 2 Startnummern startete. Er kommt zu unseren Erstaunen sogar zu seinen Recht und darf diesmal kostenlos starten.
Als das geklärt ist, machen wir zufälliger Weise an einen der Messestände Bekanntschaft mit der großen Dame des Swiss Alpine Alpine Birgit Lennartz, die in den letzten Jahren so sehr den K78 bei den Damen dominierte. Leider ist sie diesmal vom Verletzungspech geplagt und muss zusehen. Wie schwer das für sie sein muss!
Jedenfalls gibt sie uns gute Tipps, was auf der Strecke alles so zu beachten ist.

Blick aus meinem Hotelzimmer

Nach diesem interessanten Gespräch mit Birgit begeben wir uns zur Nudelparty im Eisstadion. Da die Nudeln nicht mehr ganz al dente sind spül ich sie mit einer Dose Bier herunter. Ich hoffe, dass das Bier hilft, damit ich die kommende Nacht mit meiner Aufregung besser schlafen kann.
Um meine Aufregung zu verdecken, versuche ich Erwin weiß zu machen, dass Bier ein isotonisches Getränk ist und daher zur Vorbereitung von Ultraläufen unabdinglich sei.
Na ja er wird sich seinen Teil dazu gedacht haben...
Trotz alle dem schlafe ich in der Nacht nicht so toll und bin froh als ich dann gegen halb sechs doch ganz guter Dinge aufwache...

Kurz vor dem Start

Erwin:

Vorbereitung

Manche laufen mit Renn-Rucksack, viele mit Trinkgürtel oder Wasserflasche in der Hand. Ich zähle auf die bekannt gute Organisation dieses größten Ultra-Berglaufs der Welt und trage nichts mit mir. 
Ob ich mir meinen Windbraker umbinde? Sehen wir morgen... 
Ich gehe vor dem Schlafen noch eine Weile in mich und versuche mir vorzustellen wie wohl das Atmen morgen sein wird? 
Wie voll sind meine körperlichen Reserven und wie gut spirituell und mental bin ich drauf? „All systems clear“: Körper, Geist und Seele sind bestens! So schlafe ich beruhigt ein und kann in den morgigen Tag gehen. Ich fühle mich bereit.

Vor dem Start

Ausreichend vor dem Start piepst am Morgen mein Wecker. Katzenwäsche. Ich bin fit, aber meine Sinne sehen das noch nicht ganz so. Es ist kalt, 8 Grad. Ich ziehe mich warm an und während die beiden Mädels etwas frühstücken baue ich das nasse Zelt ab. 
Wir fahren zum Start und parken direkt dort. Glück gehabt! Ich laufe mich 10 min. warm durch die noch leere Hauptstrasse. Gänsehaut durchflutet mich. Respekt vor dem Ereignis. Konzentration. Ich kehre zurück zum Auto, die ersten Sonnenstrahlen wärmen mein Gesicht. Viele aufgeregte Organisatoren wuseln herum, die ersten Läufer mindestens ebenso. Floricel und Yilian sind auch etwas aufgeregt. Noch 45 Minuten. 
Ich ziehe meine Laufsachen an. Ich wage ärmelloses Shirt und kurze Hose, Cappie sowieso. 
Der Himmel ist wolkenlos. Ich friere noch, doch ich spüre es wird sehr warm werden. Ein Hitzelauf. Heute nur mit Sonnencreme und Sonnenbrille. Und keine Jacke. All das sollte goldrichtig sein!

Am Startgelände: Floricel, Erwin und Yilian

Schön, dass Thomas und wir uns noch vor dem Start treffen! Es ist nicht einfach im Gewimmel. Ich mache ausführlich mehrmals „Rosa B.“ im Schatten. Gymnastik. Thomas entscheidet sich gerade mit welcher Ausrüstung er starten will. Er sprintet um uns herum, mal mit Rucksack, mal ohne, mal mit Jacke, mal ohne. Alpen haben ein tückisches Wetter, das weiß jeder der alpenerfahren ist! 

5 min vor dem Start reihen Thomas und ich uns ein unter die vielleicht 2.000 Läufer von K78 und K30. Musik, Aufregung, Gewusel, und ein Knall aus der Pistole direkt neben mir.

 

Thomas:

Kurz nach sechs gehe ich frühstücken. Zu spät sehe ich, dass es sogar Nudeln zum Frühstück gibt. Ein spezieller Service für die Läufer.
Gestärkt gehe ich ins Hotelzimmer zurück, wo ich bereits in aller Ruhe meine Dehnübungen mache und mich mental auf den Wettkampf vorbereite
Ich will erst kurz vor dem Startschuss zum Startgelände gehen.
Mein größtes Problem ist: Was nehme ich mit?
Ich habe eine relativ sperrige Digitalkamera. Diese könnte ich gut in meinen Laufrucksack mitnehmen. Auf der anderen Seite habe ich einen Horror diesen riesigen Rucksack fast 80 Kilometer weit zu schleppen.
Beim Startgelände treffe ich Erwin und Family.
Erst dort entscheide ich zum Glück weitgehend richtig: Laufrucksack lasse ich nach Bergün transportieren mit alles was drin ist. Dort kann ich mir dann noch das rausholen, was ich für die Höhe brauche.
Folgendes nehme ich nur mit: Trinkgürtel, Bauchgurt und eine leicht Windjacke. Die Kamera stecke ich in die Jacke.
Als ich damit noch einige Trockentests mache, guckt mir Erwin belustigt zu.

Wir begeben uns nun ins Stadium und werden dabei Zeuge des fulminanten Starts der Mountain Biker beim Team Wettkampf: Ich mache dann noch ein Foto der nun bereits angetretenen Läufer vor der Startlinie und verliere dabei Erwin:

Da ich Erwin nicht mehr finden kann, ordne ich mich nun ganz hinten ein, da ich es ja ohnehin nicht eilig habe. Ich möchte ja gerne so eine Art Reportage zum Lauf machen.
Zu meiner Belustigung sehe ich da einen K78 - Teilnehmer mit Husky. Seinen Chip hat er nicht wie vorgeschrieben an seinem Bein festgemacht sondern am Hund befestigt. Wer kommt da nun in die Wertung? Herrchen oder Tierchen?
Da ich so mit Mensch und Tier und meinem Fotoapparat beschäftigt bin, vergesse ich doch glatt beim überraschend kommenden Startschuss meine Stoppuhr zu drücken. So zeigt nun meine Uhr etwa  30 Sekunden zu wenig an....

Das Startfeld von hinten gesehen. 
Wie bei so vielen Veranstaltungen sind die laufvernarrten Dänen gut erkennbar.

 

30,8 km nach Filisur

Erwin:

Start

In der Begleitzeitung zum Swiss Alpine lese ich heute, nach dem Lauf:

Gipfeltreffen in Davos – 78,5 km laufen oder leben – was ist der Alpine wirklich? -

Neun Monate Vorbereitung. Mindestens. Der Startschuss fällt um acht Uhr. Ein Schrei, ein Klaps auf den Po – das Abenteuer Lebenslauf kann beginnen. Auch ein Arzt ist anwesend. Trinken, Trinken, Trinken!, befiehlt er der Läuferschar. Auch Babys lernen dies zuerst".

Los geht’s! 

Wir laufen zusammen mit den 831 K30-Startern durch die Reihen rufender und applaudierender Zuschauer. Es geht etwas bergauf im Ort. Ich laufe frei und ruhig, der Start war wie ein Windhauch von hinten der mich auf die lange Strecke treibt. Ich gehe in mich. Konzentration.

Erstes Trinken bei km 5, ich lasse keinen Schluck aus. Auch nicht zu Beginn. Ich trinke Wasser. Was aber ist „Iste“? 
Dann verlassen wir Davos. Bis km 12 ist es flach, Strasse und leichtgängig. Ich weiß was kommt, war schon einmal hier. Offiziell liest sich das (wirklich gut beschrieben):„Ein ständiges Auf und Ab zwischen den Kilometern 10 und 20, Pubertät, die erste Liebe, Schulabschluss, Berufsentscheidung. Weichenstellung. In der Steigung bis Monstein (km17) muss jeder für sich seinen Rhythm of Life finden. Seinen Weg, seinen Sinn des Lebens.“ 

Nach dem ersten Anstieg bei der Längmatte geht es wieder bergab

Aber schon folgt der erste harte Anstieg nach Monstein bis Kilometer 16

– Ich folge den weißen Coop-Fähnchen, die im Boden stecken, an Bäumen hängen. Ich bin in Gedanken irgendwo, nicht hier. 
Alle 5km treffe ich eines dieser orangefarbigen km-Schilder am Boden, unsere Markierung. Wald, Wald, Wald. Enge Pfade manchmal. 
Meine Blicke ziehen durch dieses enge Tal. Seit der letzten Verpflegungsstelle weiß ich was „Iste“ ist: „Eis-Tee“. Aha! Aber Wasser ist mir lieber. 
Ich denke an ein paar Freunde, die irgendwie gerade gedanklich mit mir laufen. Und an Berghexen. Irgendwie sehr bald kommt km30: Filisur. Bis hierher kenne ich die Strecke. Die Sonne beginnt zu brennen, ich bin etwa 2:30 h unterwegs. Ich fliege am Ziel der K30 vorbei, erinnere mich an mein erstes Mal hier, schmunzle in mich ob des Schwyzer Humors, trinke und ab geht es in unbekannte Welten. Feldwege. Manchmal ist es schwierig den Weg zu finden, denn vor mir läuft niemand mehr. 
Hoppsa, auf einmal bin ich alleine! ...

 

Thomas:

Nach knapp 2 Minuten überschreite ich als einer der Letzten die Startlinie.

In der Stadiumschleife albere ich mit den Zuschauern, da ja auf den folgenden 80 Kilometern nicht immer mit einer solchen Anhäufung von Menschenmassen zu rechnen ist und schieße ein Foto von ihnen:

Ich laufe sehr locker los. 
Als erstes machen wir eine kleine Schleife nach Davos Dorf, bevor uns die "Bergstraße" zurück nach Davos Platz und weiter Richtung Filisur führt.

Ich werde aber durch meine Kamera genervt, da sie dauernd gegen meinen Oberschenkel knallt.
So mach ich dann lieber ein Foto, als eine Band am Streckenrand extra für uns ein Ständchen aufspielt:

Die Davoser Zuschauer feuern uns schon so früh am Morgen fröhlich an:

Als wir Davos verlassen, wird das Wetter etwas kühler und die Straße führt meist angenehm bergab. Ja so leicht kann das Leben und der Swiss Alpine sein. Da kann man ja richtig Tempo machen!

Nach knapp 8 Kilometern geht es bei der Lengmatte endlich bergauf:

Die Stimmung im hinteren Feld ist gut und ausgelassen. Gemütlich trotten wir vor uns hin und genießen die schöne Landschaft.
Die Markierung für Kilometer 10 passiere ich nach einer guten Stunde in 1:03 und liege voll in meinem Plan.

Beim nächsten Anstieg beginnt der Ernst des Lebens. Die nächsten 4 Kilometern führen uns meist mehr oder weniger bergan bis nach Monstein.

Der erste Anstieg ist aber sehr schattig und macht das ganze einfacher:

Traditionell wird man im winzigen Ort Spina besonders heftig begrüßt:

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Die Kuhglocken heizen uns mächtig ein und so ist der nächste Anstieg nur noch ein Spiel

Nun endet auch der Asphalt und unsere Füße, die uns noch so weit tragen müssen, dürfen erstmals einen anderen Untergrund berühren.

Blick zum Landwassertal hinunter, wo man ganz unten in Konturen bereits die Schlucht erkennen kann, wo wir später durch müssen

Nun führt ein schöner Weg durch schattigen Wald und überquert auch mal eine Geröllhalde.
Ich muss einen kleinen Stein aus meinen Schuh entfernen. Da ich mich dabei kurz hingesetzt habe, tun mir plötzlich meine Oberschenkel etwas weh. Erst als ich wieder etwas in Fahrt bin vergeht das wieder. 
Aber nun nervt schon wieder  meine Kamera, die mir dauernd gegen das Bein knallt. Ich überlege ständig wie ich die besser festmachen kann. Ich verwende schließlich eine Sicherheitsnadel von der Startnummer, um die Jackentasche an einem meiner Gürtel zu fixieren.
Auch das hilft nicht.

Schließlich haben wir unsere erste größere Passhöhe erreicht und nun geht es steil zum hübschen Ort Monstein bergab.
Dort begrüßen uns etliche Zuschauer. Wir fassen Verpflegung.

Frisch gestärkt geht es nun auf einer Straße steil bergab. 
Plötzlich drückt es mich im Bauch und ich muss hinter einem großen Holzhaufen eine ungewollte Zwangspause einlegen.

Wir zweigen links auf einen hübschen waldigen Fahrweg ab, der uns endgültig hinunter ins Tal führt. Dort geht es nun durch einen der ersten Höhepunkte des Laufes, nämlich durch die imposante Landwasserschlucht.
Dabei müssen wir zwei Tunnel durchqueren, in denen es sehr dunkel ist und zur Markierung des Weges Kerzen aufgestellt sind.
Man sieht dabei nicht den Untergrund auf den wir nun fast blind laufen. Ein komisches fast bedrückendes Gefühl.

Längs von tost unter uns das Wasser der Landwasserflusses.
Plötzlich müssen wir auf einen schmalen Wanderweg abzweigen, der uns mit etlichen Abgründen dann endlich zum Bahnhof Wiesen führt:

Vor dem ersten Tunnel in der Landwasserschlucht

Wir überqueren nun den Landwasserfluss auf dem 88 m hohen Wiesener Viadukt:

Hier "fliege" ich über den Viadukt

Blick vom Wiesener Viadukt hinunter

Auf dem Viadukt müssen wir lächeln, da wir fotografiert werden.

Endlich kann ich auch mein Problem mit dem Kameratransport halbwegs lösen. Zu meinem Glück habe ich doch ein leichtes Schutztäschchen für die Kamera mitgenommen, wo sich sonst die Kamera immer befindet. 
Ich mache das nun am Gürtel fest und fixiere es zusätzlich mit der einen Sicherheitsnadel. Mit meiner Jacke, die ich um mich gebunden habe dämpfe ich zusätzlich die Schwingungen ab, die sich beim Laufen ergeben. 
Dort stecke ich nun immer meine Kamera rein, wenn ich sie nicht ohnehin in der Hand trage.
Problem gelöst. Ich atme auf.

Der folgende Wanderweg führt uns stark bergaufwärts durch einen Bergwald. Dann geht es bergauf und bergab bis ich schließlich nach 2:48 Kilometer 25 passiere. Streckenmäßig also schon fast ein Drittel geschafft. Zeitmäßig sollte es aber nicht einmal ein Viertel sein!

Kurz dahinter erreichen wir auf einer hübschen Lichtung die nächste Passhöhe. Von nun an geht es erst einmal lang und recht steil berg ab. 
Da der Fahrweg gut in Schuss ist kann man dabei ganz gut Tempo machen und schon bald sehen wir Filisur unser erstes großes Etappenziel.

 

Kurz vor Filisur

Nun zieht sich die Strecke noch erstaunlich lange durch das lang gestreckte und verwinkelte Filisur. Um uns schon die Nähe des K30 - Zieles zu suggerieren, haben die Veranstalter schon ein etliches Stück vor dem K30 - Ziel Lautsprecher aufgestellt, wo wir den Ansager der Zieleinläufe hören.

Endlich, nach einer Kurve, sieht man das Ziel, wo die K30 - Teilnehmer nach 30,8 km links von uns abbiegen dürfen.

Plötzlich wird es einsam um uns. Was so wenige K78er sind noch bei mir erschrecke ich.  Ein einzelner Läufer neben mir sagt: "Nun wird es einsam und auch die Zeit knapp". Ich blicke erstaunt auf und sage mit den knapp 3:30 Stunden liegen wir doch noch ganz gut im Rennen.
Leider sollte der Läufer recht behalten...

Berge, Berge und Berge - Eine Odysee zur Keschhütte bis Kilometer 53

Erwin:

Dann geht es unweigerlich bergauf. Asphalt, der schon warm wird, die Füße weich macht. 

Eine Biegung nach der anderen. Ich weiß, dass es unendlich lange bergauf gehen wird. Meinen Bergauf - Rhythmus finde ich schnell. Ich spüre jeden Herzschlag deutlich. Ich höre mich atmen. Plötzlich überkommt mich eine Gänsehaut und ich sage leise vor mich hin: 
„Okay, Löwenherz, jetzt geht es los!“ 
Ab und an treffe ich jemanden im Vorbeigehen. Still und in sich versunken wie ich. Ich fühle mich gut aufgehoben unter diesen Leuten. Irgendwie sind wir uns sehr verbunden, auch wenn wir keine Worte wechseln oder uns ansehen. Es ist anstrengend und ein jeder achtet hochkonzentriert nur auf sich. – Ich blicke manchmal ziellos nach rechts in die Weite und genieße den Blick. Die Berge. 
Meine Gedanken ziehen weite Kreise: die Alpen und ich. Kann ich mit den Bergen eins werden?

Km 39: Bergün. Es ist Zeit etwas zu essen. Zwei Stück Banane. Ich kaue sie gründlich, um Magenbeschwerden vorzubeugen. Die fast 1.000 K42-Läufer laufen sich warm, der Ort wimmelt vor Läufern, die mich ungläubig ansehen. „Noch 10 min bis zum Start“ höre ich beim Verlassen des malerischen Ortes. 

Auf der Albulapass-Strasse von Filisur nach Bergün. rechts oben verläuft die Straße weiter

Km 45. Ich bin weiter in mich versunken. Doch plötzlich wird es sehr steil und ich kann nur mehr gehen. Ich nehme es wie es ist. Gut, dann gehe ich eben. Die Waldpfade wechseln zu rutschigen Steilwegen mit Steinen und Brocken. Steigungen die nicht enden wollen. Und es wird kühl. 

Die ersten K42-Läufer ziehen zügig an mir vorbei, haben jetzt 10 bis 15 km hinter sich. Ein Drittel, denke ich mir, da ergeht es den meisten sicher noch prima. Es wird immer steiler, ich stütze mich auf meine Oberschenkel beim Gehen, versuche meinen Rücken zu entlasten, der sich bemerkt macht. Und langsam spüre ich wie die Luft dünner wird.

Endlich: km 51, die Kesch - Hütte. Oh war das ein Aufstieg! Wir sind auf 2.632m. Das Atmen fällt mir schwerer als sonst. Ich trinke zwei Becher und setze mich erst mal auf eine dieser vielen Milchkannen, die da herumstehen. Wieso eigentlich? Der Gedanke verdunstet schnell. Anstrengung, blendende brennende Sonne und diese dünne Luft! 
Ich nehme mir ein Stück Banane und marschiere weiter, denn es wird mir kalt. Viel Publikum applaudiert uns, eine Sprecherin begrüßt viele von uns mit Namen. Das ist aufmunternd. 

Ich frage mich eine Weile lang, ob ich nach dieser langen Marschier-Strecke wieder laufen kann?

Auf dem Weg zur Keschhütte, die ganz hinten liegt wo man die grauen Berge sieht

In rauer Hochgebirgslandschaft in der Mitte oben die Keschhütte

Noch links rum und schon ist es nicht mehr weit bis zur Keschhütte

 

Thomas:

Wir verlassen nun Filisur und biegen zuerst rechts auf einen Fahrweg ab, der uns durch ein liebliches und schattiges Tal leicht bergan führt. 
Neben uns plätschert die Albula. Ich überhole gemächlich laufend ein paar Geher. Ab und zu wechseln wir ein paar Worte. 
Ein netter Samstagsspaziergang ist das, denke ich mir.

Leider endet dieser süße Traum jäh, als wir uns auf die Albulapass-Straße begeben müssen. Hier prellt die Sonne gnadenlos auf den Asphalt und unsere Häupter.

Die Sonne so gnadenlos, aber die Landschaft so erhaben.

Gott sei Dank ist das Panorama hier so schön. Ich muntere ein paar Mitstreiter und mich selbst auf, indem ich zu ihnen sage: "Mensch, denkt Euch bei diesen Steigungen mussten die Skater beim Teamwettkampf hochfahren!"

Kurz danach komme ich mit einen Läufer aus Krakau ins Gespräch, der so wie ich die Landschaft genießt und ein Foto nach dem anderen schießt. So überwinden wir gemeinsam ohne Probleme dieses problematische Stück, mit dem andere so kämpfen mussten.

 

Mein Bekannter aus Krakau fotografiert die hübschen Berge und ich die die dramatische Engstelle die kurz dahinter folgt

Immer wieder gucke ich in die Tiefe der Albula-Klamm:

Endlich nach der dramatischsten Engstelle, wird die Straße flacher und vor uns liegt schon Bergün.
Vor dem Ort fasse ich Verpflegung und wechsle mein Laufshirt am Kleidungstransportpunkt.
Da ich in dem Tal, wo wir nun hinter müssen ein paar dunkle Wolken gesehen habe, nehme ich noch meine kurzärmelige Schutzjacke mit. 
In der Tat kann ich diese später gut gebrauchen und stecke mir noch zwei Riegel und ein paar Power-Gels ein. Einen weiteren Riegel verzehre ich gleich genussvoll. 

Meine Bekanntschaft aus Krakau lässt sich noch mehr Zeit und nimmt noch eine Brotzeit zu sich. 
Später wird er mich wieder überholen. 
Aber nun verabschieden wir uns erst einmal voneinander.

In Bergün erwarten uns bereits etliche Zuschauer und ein Sprecher gibt die Namen jedes einzelnen Teilnehmers durch und zollt uns Respekt. 
Das macht richtig Freude und lässt mich mindestens 2 Zentimeter wachsen.

Zur Stärkung nehme ich hier in Bergün gerade einen Schluck aus dem Fläschchen

Nun geht es durch das hübsche Tal Val Tuors in Richtung Chants immer relativ leicht und angenehm bergan.
Hier mache ich die Bekanntschaft mit einem schweizerischen Läufer, der über die Hitze klagt. Wir verstehen uns sogleich glänzend, da ich auch Kälteläufe liebe und daher meist schönstes Wetter bei meinen Wettkämpfen habe. 
Trotz mancher Verständigungsschwierigkeiten mit dem Schwyzer Dütsch erfahre ich folgendes: Er macht normalerweise nur die Schweizer Militärwettkämpfe, wo es gerade mal 11 Stück im Jahr gibt und man so nicht wie bei den "Zivilwettkämpfen" den Überblick total verliert. 
Der längste dieser Wettkämpfe geht übrigens auch über die Marathondistanz. 
Er erzählt mir auch von den 100 km in Biel, was mich recht interessiert. 

Schließlich trenne ich mich von ihm, da ich wieder laufen will und er momentan lieber geht. Ich sage: Es kann gut sein, dass wir uns wieder treffen. Insgeheim hoffe ich natürlich ihn nun gnadenlos abzuhängen ...

Auf den hübschen Weg nach Chants

Einmal müssen wir ein kurzes Stück einen steilen Weg hoch, wo eine Bank steht. Dort sitzt ein Läufer. Als ich an ihm vorbeilaufe, sagt er zu mir:
"Guck dich mal um!"
Und siehe da: Ich erblicke eine der schönsten Bergkulisssen des ganzen Laufes. Es tut sich ein herrlicher Blick auf den verschneiten Piz Ela auf.
(Leider kann ich kein Foto präsentieren, weil das Foto nichts wurde)
Er sagt, er läuft nun schon zum 10. Mal mit und jedes Mal macht er an dieser Stelle eine Pause.

Nach etwa 47 Kilometern erreichen wir den winzigen Bergort Chants. 
Ich bin noch nie so weit gelaufen und fühle mich immer noch gut.
Beim Verpflegungspunkt gibt es sogar Bier. Es lacht mich verlockend an.
Soll ich oder soll ich nicht?
Schließlich verneine ich doch lachend (und innerlich heulend) und scherze mit denen, die es ausschenken. Wahrscheinlich sind sie selbst ihre besten Konsumenten...

Gemütlich laufe und gehe ich nun auf einen Fahrweg, der durch einen hübschen Bergwald führt bergan. Schon bald erreichen wir eine Verpflegungsstelle. Gleich dahinter droht ein extrem steiler Bergweg.

Ich stärke mich noch einmal in aller Ruhe und frage wie hoch das ganze liegt. Ich bekomme 1950 m als Antwort. Also sind auf den nächsten knapp 5 Kilometern 700 Höhenmeter bis zur Keschhütte zu überwinden. 
Dabei sollten die folgenden ca. 2 Kilometer mit wohl zum Teil 30 % und mehr Steigung die steilsten der ganzen Strecke sein.

Hinter Chants geht zuerst noch ein angenehmer Fahrweg bergaufwärts

Trotzig sage ich laut: "Super, jetzt geht es zur Sache". Ein Mitstreiter guckt mich verständnislos an.

Normalerweise hätte mir dieses harte Stück nicht so viel ausgemacht, da ich in den 3 Wochen Schweizurlaub durch Bergwanderungen mit schlimmeren Wegen abgehärtet wurde und ich so was ohnehin nur langsam angehe. 
Dummerweise kriege ich völlig überraschend nach einigen Hundert Metern eine Bombenallergie, die bei mir Asthma auslöst. Hätte ich kein Mittel mitgenommen, hätte ich nun aussteigen müssen. Ich verdächtige die Latschen, die es hier gibt. In der Tat, als ich die Baumgrenze überwinde geht es mir auch schon wieder besser.
Leider habe ich nun doch auf dem Rest der Strecke unter den Nachwirkungen zu leiden. 
Als wir viel später wieder in tiefere Lagen runterkommen, habe ich selbst beim Bergablaufen Atmungsprobleme und kann so nicht mehr richtig Tempo machen.

Der steile Weg bergauf. Ein Teilnehmer des Teamwettkampfes im Vordergrund hat es schon hinter sich und geht wieder bergab

Endlich überwinden wir die Baumgrenze:

Besonders freue ich mich, als wir endlich die Kilometermarke 50 erreichen:

Und die hochalpine Landschaft wird immer dramatischer und die Vegetation immer karger:

Und endlich kommt die Keschhütte erst ganz fern und dann immer näher zum Vorschein

Als ich die Passhöhe in 2632 m Höhe erreiche, fegt mir ein eiskalter Wind entgegen. Gut dass ich meine kurzärmelige Schutzjacke dabei habe.

Als ich beim Checkpoint einlaufe, fegt eine Sturmböe mir doch glatt mein Cap vom Kopf. Der Sprecher bei der Keschhütte kommentiert das ganze gleich humorvoll. 

Ein Doc fragt mich so wie jeden anderen, ob bei mir alles ok sei. Ich kann dies nun wieder mit halbwegs guten Gewissen bejahen.
Nun verbringe ich wohl an die 5 Minuten am Verpflegungspunkt und trinke  fast einen Liter Bouillon, wobei ich Weißbrot eintauche. Das tut mir richtig gut. 

Hinter der Keschhütte besteige ich einen kleinen Hügel und fotografiere noch mal das Piz Kesch Massiv. Letztes Jahr hatte ja einer der Teilnehmer als "kleine" Zugabe den Gipfel bestiegen und kam noch nach 12 1/2 Stunden gerade noch rechtzeitig ins Ziel. 
Wie geht so was? Jedenfalls schein es zu gehen...

Ich orientiere mich nun aber erst einmal bergabwärts...

Ausblick oberhalb der Keschhütte in etwa 2650 m Höhe zum Piz Kesch

Noch über 25 Kilometer bis zum Ziel, die nicht enden wollen

Erwin:

Ich frage mich eine Weile lang, ob ich nach dieser langen Marschier-Strecke wieder laufen kann?

Auch diese Frage erübrigt sich bald, denn es geht sehr steil bergab. Ich muss bremsen, rutsche zuweilen, muss wirklich aufpassen, dass ich nicht stürze! 
Das Geröll bleibt eine, vielleicht zwei Stunden. Ab und zu fließt Wasser dazwischen, hier oben entsteht wohl gerade ein hochalpiner Gebirgsbach. 

Auf dem dünnen „Panorama-Trail“ sehe ich nur wenige Läufer vor mir, wir gehen alle. Meistens. Ich will auf den ebenen Stücken wieder traben, doch es gelingt mir kaum, denn es geht leicht bergauf. Gerade soviel, dass ich bevorzuge zu gehen. Gut, nenne ich dieses Stück eben „Erholung“ und marschiere. Immer wieder tauchen in meinen Gedanken ein paar Freunde auf, die mich begleiten. Erstaunlich, wer mir alles in den Kopf kommt. Ich blicke durch meine Sonnebrille ins baumlose Tal hier oben, in die Weite der Gipfel. Leider kenne ich keinen. 
Na, zuerst erleben, dann informieren, sage ich mir. So mache ich das meistens. I

n waghalsigen Schritten am steil abfallenden Hang drücke ich ab und zu an jemandem vorbei. Manchmal macht er den Weg frei.

Blick vom Panoramatrail zum Piz Kesch zurück

Km 57. Der Arzt am Scaletta-Pass schaut mir tief in die Augen: „goht’s nü“? Ich frage mich warum er mich das fragt und wache für einen Moment aus meinen Gedanken auf. Ich lächle ihn ruhig an. 
Da sitzen viele junge Leute auf den Felsen, die uns anfeuern. Es freut mich. Ob sie sich die Mühe des Aufstiegs nur wegen uns machten? 
Und schon erstarren mir die Gedanken. Oh, geht das plötzlich steil bergab! Füße, aufgepasst! Ich komme keine Sekunde dazu in die Weite zu blicken, muss meine volle Aufmerksamkeit darauf richten nicht auf der Geröllpiste umzuknicken. Das sind harte Schläge auf die Füße, die sich bis in die Schultern erstrecken. Das an mir vorbeirauschende km60-Schild hätte ich fast nicht gesehen. Einige Male komme ich ins Wanken, kann mich aber wieder fangen. 
Eine Läuferin überholt mich und sagt: „ einfach rollen lassen ist doch leichter“. Sie hat irgendwie Recht, aber es will mir nicht mehr richtig gelingen. „Das sagst Du so einfach, ist schwer nach 60km“ antworte ich. Sie erstaunt “Oh, sorry, das wusste ich nicht“. Ein kleiner Dialog. Es ist wahrlich artistisch, wie ich über Steine springen muss, verzweifelt nach Halt suche. Ich spüre jeden Schlag auf die Fußsohle und freue mich, dass ich weiche Sohlen habe. Nur nicht ausrutschen! 
Jetzt endlich wird es flacher. Endlich! Ich muss nicht mehr auf jeden Schritt achten, laufe jetzt über kurzes Gras auf einem Fahrweg bergab. Ein schönes enges Tal. Endlich ist mein Blick frei für die herrliche Berggegend.

Ein einsames coop - Fähnchen am Panoramatrail

Ich komme wieder richtig gut in Fahrt, spüre meine Rücken nicht mehr, die Beine sind wieder fit. Kaum zu glauben. Immer mehr Zuschauer stehen am Weg und klatschen. „Hopp-Hopp“. 
Na endlich kommen mir die Kilometer jetzt wieder entgegen. Ich fühle mich leicht, breite meine Arme aus zum Sinkflug. Zugegeben, es ist hart zu wissen, dass noch 20 km fehlen, aber ich werde es schaffen. 
Leichter Wind weht mir entgegen. Das tut gut. Nur selten weht er mir ein wenig zu sehr, bremst. Ha, als könnte ich den Wind steuern? Meine Beine laufen locker, ich atme durch, wieder dicke Tal-Luft und fast fühle ich mich ein wenig wie erholt.
 Ich überhole alle paar Minuten einen Läufer und bereite mich auf den letzten Anstieg vor, den ich bereits erwarte. Ich gehe nicht mehr bergauf, will ins Ziel. 
Waldwege, und plötzlich geht es um die Kurve und: Häuser! Häuser! Das ist Davos. Ach, wie schön wieder in der Zivilisation zu sein. Keine Ahnung woher ich die Kraft nehme noch zwei Läufer einzuholen. Ich spüre wie mich etwas zieht. Doch ich lasse diesen langen Tag einfach ausrollen. Ins Ziel. Ich breite die Arme aus, genieße die Anfeuerungsrufe der Zuschauer und rolle leichten Fußes ins Stadion. 
Einfach ausrollen. Ins Ziel.

Und hinter dem Scalettapass geht es wieder steil bergab

 

Thomas:

Es wurde uns an der Keschhütte gesagt: "Von nun an geht es bergab"
Leider sollte das nur eine Halbwahrheit sein, außer sie meinten vielleicht damit unsere noch verbleibende Kondition.

Aber erst einmal sollte das stimmen. 
Leider sind die Wegverhältnisse nicht so, dass ich richtig Tempo machen könnte. Ich tue lieber langsamer, um mir nicht noch gar den Knöchel zu verstauchen.

Dieses Foto wurde etwa bei Kilometer 55 geschossen. ich sehe eigentlich noch recht fit aus oder?

 

Die Freude über den Abwärtslauf währt ohnehin nicht allzu lange. 
Bald habe wir eine Abzweigung erreicht:
Wir die K78 er haben als einzige die Ehre und dürfen links auf den berühmten Panoramaweg verzweigen. 
Die K42 er, die schon fast alle sehr weit von mir weg sind, müssen tief talabwärts bis zur Alp Funtauna runterlaufen. Dann müssen sie wieder über 400 Höhenmeter zum Scalletapass hoch. Dort treffen sich dann wieder unsere Wege.
Der Panoramatrail dagegen ist ein Höhenweg der in etwa 2500 m Höhe stets bergauf und bergab führt bis er schließlich am Ende über 100 Höhenmeter wieder zum 2608 m hohen Scalettapass ansteigt.

Der Weg selbst ist sehr eng und es tun sich rechts steile Abgründe auf, so dass man nicht ausrutschen sollte.
Daher laufe ich vorsichtig und genieße den Blick ins immer tiefer werdende Tal. Am Ende kann man sogar weit bis ins Engadin und fast bis zum Schweizer Nationalpark rübergucken.

Der Läufer mit der blauen Jacke ist lange Zeit die einzige menschliche Seele in meiner Nähe...

Bereits am Anfang des Trails, überhole ich einen blinden (!) Läufer, der mit einem Seil von einem sehende Läufer gesichert ist. Der sehende Läufer läuft voraus und meldet ihn etwaige Hindernisse auf dem Weg. Ich bin über diese Leistung begeistert.

Kurz dahinter bin ich oft sehr alleine und genieße die Ruhe, die ich im Mittelfeld wohl nicht gehabt hätte. Ab und zu sehe ich einen Läufer vor mir laufen, der in etwa mein Tempo hat. Manchmal werde ich auch überholt wenn ich länger verweile und eine Foto mache.

Irgendwie werde ich mit der schönen Natur eins und fühle mich als ihr Bestandteil.

Weiter Blick vom Panoramatrail ins Funtaunatal

Immer wieder müssen wir Bäche überqueren. Aber insgesamt ist dieser Hochgebirgstrail gut für den Wettkampf präpariert worden:

Kurz vor dem Scalettapass überholt mich doch dann auch glatt mein schweizerischer Militärläufer und dann auch noch der Läufer aus Krakau mit dem ich mich bei Bergün unterhalten hatte.
Sollte ich zu langsam geworden sein? Lasse ich mir zu viel Zeit?

Bei Kilometer 60 müssen wir ein rutschiges Schneefeld überqueren.

Kurz dahinter verliere ich ein Trinkfläschchen, das den Hang runterfällt. 
Da ich es nicht aufgeben will, hole ich es mir wieder. Das strengt an.

Kurz danach ist die eisig kalte Passhöhe des Scalettapasses erreicht:


Bei der Verpflegungsstelle stärke ich mich wieder:

Nun geht es sehr steil nach Dürrboden bergab.
Mich schmerzt nun immens eine Blase am rechten Fuß.  
Ich überlege schon, ob ich den Sanitäter bei der nächsten Station aufsuchen soll, verwerfe aber schließlich den Gedanken.

Da der Weg so schlecht ist und z.T. über Geröllhalden führt muss man höllisch aufpassen, wo man hintritt. Wie würde ich jetzt einen oder am besten gleich zwei Laufstecken begrüßen, um mehr Halt zu haben.
Dazu kommt jetzt auch noch, dass ich fast alle 5 Minuten pinkeln muss und damit viel Zeit verliere. 
Sollte ich zu viel getrunken haben? Geht das bei dem heutigen warmen Wetter überhaupt?
Auch muss ich wieder einmal einen Stein aus einen Schuh entfernen.
Ich merke dass ich nun gar nicht gut voran komme und beginne schon zu rechnen, ob das mit den 12 Stunden Zielschluss klappen wird.

Als ich dann auch den Checkposten Dürrboden bei KM 64 nur gute 2 Minuten unter dem Zeitlimit von 10 Stunden passiere, beschließe ich nun kaum mehr Fotos zu machen und so lieber etwas aufs Tempo zu drücken

Das Schneefeld unten müssen wir überqueren. Links oben sieht man einen Hubschrauber der bereits Material von den Verpflegungsposten abtransportiert

Ab Dürrboden sind wenigstens die Wegverhältnisse wieder besser. 
Aber wir laufen nun zu meinem Ärger nicht den Hauptfahrweg des Tals zurück, sondern immer wieder nur bessere Wanderwege und ab und zu auch mal ein Stück Fahrweg. 
Einmal müssen wir sogar kurz auf einer sumpfigen Wiese laufen.
Weit gefehlt ist auch der Gedanke dass es nun nur bergab gehen würde. Immer wieder geht der Weg auch leicht bergauf. Das passt mir gar nicht.
Außerdem bläst uns nun am Abend ein ziemlicher starker Gegenwind entgegen. Die Warmluft aus den Tälern steig nun auf.
Dazu kommt auch noch, dass sich wieder meine Allergien zu Wort melden. 
Zwischen Kilometer 64 und 70  erlebe ich meine zweite Krise.
Gottlob habe ich noch eine Intalkapsel gegen mein Asthma und überwinde schließlich auch diese Krise. (Intal ist übrigens nicht auf der Dopingliste vertreten)
Eine Zeitnahme bei Kilometer 70 mit einer Zeit von 10:43 beruhigt mich und ich weiß nun, dass ich es noch rechtzeitig schaffen werde.

Lustig ist es als wir an einen Bauernhof vorbeikommen, wo gerade die Kühe heimgetrieben werden. Da versperrt uns doch glatt eine Kuh voll den Weg.
Sie stellt sich quer und glotzt uns mit großen Augen an. 
Ein Bauernjunge treibt sie dann schließlich zur Seite.

Hinter Kilometer 70. Bald ist es geschafft!

Nun laufe ich zusammen mit einer K78 Läuferin. Mal ist sie vorne, mal ich. Wir überholen immer wieder Walker des K42 Wettkampfes. Die meisten feuern uns dabei an. Das tut gut, da Zuschauer zu so später Stunde auf der Strecke total fehlen.
Als nach Kilometer 75 Davos schon zum Greifen nahe ist, werden wir noch mal in ein Waldstück geleitet, wo es noch mal richtig bergauf geht. Speziell ein allerdings kurzes Wegstück geht richtig steil bergauf.

Endlich sehe ich noch mitten im Wald, die KM 40 - Markierung der Marathonläufer und weiß dass wir nun noch 2200 m zu laufen haben und rechne mit einer Zeit um die 11:50. Das lässt mich alle bisherigen Strapazen vergessen und meine Stimmung steigt.

Und siehe da, endlich geht es bergab und nach Davos rein. Hinter einer Rechtskurve geht es auf die Hauptstraße. Dann noch ein paar Hundert Meter bis zum Stadium, wo zu so später Zeit noch überraschend viel Zuschauer sind.

Da sie mich gut anfeuern gebe ich noch mal richtig Gas und überquere als einer der letzten Finisher die Ziellinie nach sage und schreibe 11 Stunden und guten 50 Minuten.

Die Gemeinheit am Schluss: Ein Fahrweg geht dauernd bergauf und das noch zwischen Kilometer 76 und 77.

Im Ziel

Erwin:

Im Ziel

Meine Frau und die zwölfjährige Yilian begrüßen mich mit Tränen in den Augen, voller Freude und Erleichterung. Ich vergesse mich für einen Moment. Weg die Anstrengung, vorbei die Konzentration. Umarmen, sonst nichts. Es ist so schön erwartet und empfangen zu werden! - Dann nehme ich mir zwei Becher und muss mich erst einmal setzen. Ich bin klebrig vor getrocknetem Schweiß, schwitze aber nicht besonders. Die Sonne ist sehr warm, jetzt wo der leichte Wind weg ist. 
Noch zwei Becher... Ich trinke wohl mindestens zehn Becher von diesem orangefarbenen Irgendwas. Egal, süß, leider sprudelig aber egal. Ich bin glücklich es geschafft zu haben. Ich erzähle auch ohne Nachfragen wie es war. Faszinierend, hart, und am Ende ein Erlebnis wie es selten ist!

Nach zehn Minuten oder so beginne ich mich erst einmal eine Runde zu dehnen und strecken auf dem im ganzen Stadion ausgebreiteten Kunstrasen-Teppich. Ha, es geht noch! Ich helfe einem am Boden sitzenden älteren Läufer gegen seine Krämpfe. Ob das Traben schon wieder geht. Ich laufe eine kleine Stadionrunde. Es geht wieder. 
Wie lange wohl Thomas noch unterwegs ist? Wie es ihm ergeht? Ich dehne mich weiter unterhalte mich mit dem einen oder anderen Läufer der da sitzt und wir drei verlassen nach etwa einer halben Stunde das Stadion. Ich dusche mich kurz. Dann lasse ich mich noch an Beinen und Rücken massieren. Mindestens zehn Minuten! Danke! Ah, war das gut.

Langsam kommen immer mehr Läufer ins Ziel. Wir verlassen das Bergdorf Davos, nehmen unseren Teil des schönen Gefühls mit und fahren wieder heimwärts.

Danke der prima Organisation!

Erwin vom „Team Bittel“

P.S.: Finisher: K78/K42/K30 (889/997/831) +585Teamläufer +58Walker aus 27 Nationen.
Info: www.swissalpine.ch 

 

Thomas:

Als Erwin mit dem Auto schon fast wieder daheim ist, bin ich schließlich nach knapp 12 Stunden mit vielen schönen Bildern und reich an Erlebnissen hochglücklich über die Ziellinie gelaufen.

Einer der Veranstalter gibt mir die Hand zum Glückwunsch und ich sage zu Ihm strahlend: "Mensch war das ein langer Weg!"
Er sagt mir: "Du hast es noch unter der Zielschlusszeit geschafft!". 
Meine Startnummer erhält einen Finsherstempel und ich nehme mein Finisher T-Shirt stolz entgegen. 
Statt der Größe L musste ich mit XL begnügen da nur noch diese Größe vorhanden war. Na ja da kann ich nun noch reinwachsen...

Schließlich trinke ich noch fleißig, unterhalte mich etwas mit ein paar Läufern, die auch gerade eingetrudelt sind und fotografiere schließlich noch ein paar Läufer, die nach mir eintreffen. 
Teilweise legen sie noch solche Spurts hin, die wohl kaum einer der Spitzenläufer beim Zieleinlauf gezeigt hat.

Nach diesen Eindrücken hole ich meinen Rucksack und wandere noch den 80. Kilometer zurück zu meinem Hotel...

Fazit: Eine gelungene Veranstaltung bei Kaiserwetter!

Nächstes Jahr laufe ich vielleicht den K42 mit...

Einer der wenigen Läufer der kurz nach mir eintrifft

Infos

Links:

www.swissalpine.ch 
Bericht von Werne Haßepaß
Anzahl Finisher: K78/K42/K30 (889/997/831) +585Teamläufer +58Walker aus 27 Nationen.
Bestzeit Männer beim K78: Murzin Grigory, Rußland, 5:42.34,0 
Bestzeit Frauen beim K78: Herry Karine, Frankreich, 6:53.21,7 
Letzter Läufer in der Wertung: 12:07:32
Wetter: Sonnig und warm
Höhenmeter: 2320
Schulnote Schönheit der Strecke 1
Schulnote Organisation
Schulnote Service 1
Schulnote Zuschauer 
(Anzahl / Motivation)
2-3
Schulnote Gesamteindruck 1

 

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